Eine Fahrradreise mit Kindern? "Warum nicht?". Nachdem wir, Lea, Gregor und unsere Tochter Ronja aus Berlin, 2 Jahre lang vom einen Ende Amerikas bis zum anderen Ende radelten, folgt nun Teil 2 der Reise. Mit neuem Nachwuchs Mateo erkunden wir ab April 2016 den Süd-Westen Europas.
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A bicycle trip with a child? "Why not?". After we, Lea, Gregor and our daughter Ronja from Berlin cycled from one end of America to the other, the second big adventure is following. With our new family member Mateo we will explore the south west of Europa, starting in April.


Donnerstag, 17. März 2016

Von Bergen und vom Blitzgewitter

Von Bergen und vom Blitzgewitter

Kolumbien kommt von Kolumbus und Kolumbus heißt entdecken. Anders als jener Italiener wussten wir jedoch, welches Land wir entdecken würden, aber wir hatten keine Vorstellung davon, wie es sein würde. Gut so, Kolumbien steckt voller Überraschungen für uns und eines ist jetzt schon klar: "Colombia como te quiero!". 

Ein gutes Anzeichen, dass der Erlebnisfaktor hoch ist, ist, wenn wir am Abend schon nicht mehr so genau wissen, wo wir am Morgen gestartet sind und wenn das, was am Vormittag geschehen ist, so erscheint als wäre es letzte Woche passiert. Dann ist der Tag voller interessanter Begegnungen, atemberaubender Natur oder einfach nur schier unüberbrückbarer Widrigkeiten, die es zu meistern gilt. Diese Vergesslichkeit (Reisealtsheimer) hatten wir in den letzten zwei Wochen wieder häufig. Am Abend im Zelt lassen wir immer noch gemeinsam den Tag revue passieren. Wir rekonstruieren das Erlebte und haben es uns zur Gewohnheit werden lassen in ein kleines Taschenbuch Notizen zu machen - Altsheimerprävention. Dieses kleine Büchlein, es gibt mittlerweile einen zweiten Band davon, ist zu unserem bestgehütesten Schatz geworden. 

Die besten und interessantesten Erlebnisse schaffen den Sprung vom Buch in den Blog. So zum Beispiel jenes Ereignis, das uns noch immer etwas belustigt, obwohl es eigentlich ängstigen sollte. Geschoben von starkem Rückenwind flogen wir durch ein nicht enden wollendes Meer von Zuckerrohrfeldern im Gouvernement Valle del Cauca. Wir fühlten uns an Kuba erinnert und die afrokolumbianischen Feldarbeiter in ihrer abgewetzten Kleidung und den langen Macheten taten ihr übriges, um der Illusion in Kuba zu sein, zur Perfektion zu verhelfen. Immer stärker blies der Wind und fast schon fliegend erreichten wir zur Mittagsstunde den Ort, in dem wir eigentlich haben schlafen wollen. Puerto Tejada stand da völlig unschuldig auf unserer Karte. Sie zeigte sich als eine typisch kubanische ähhm kolumbianische Kleinstadt. Auf dem Weg hinein begleitete uns ein Kulombianer, die Machete zwischen Ober- und Unterrohr seines Fahrrads verklemmt, und wies uns die Richtung zu einem guten, aber günstigen Restaurant. Unsere Füße haben noch nicht einmal den Boden berührt schon stoppte ein Polizeimotorrad neben uns. Polizeimotorrad, da denkt man doch gleich an einen schmerbäuchigen Mann in Lederkutte auf einer BMW. In Kolumbien sind das zwei drahtige Männer in kugelsicherer Weste, Arm- und Beinprotektoren und bewaffnet mit allerhand Knallzeug. Der Sozius stützt ein automatisches Gewehr auf seinen Oberschenkel und gemeinsam mit dem Fahrer sieht er sehr gefährlich aus. "Was wollen Sie hier?", "Bleiben Sie lange?", "Was sind Ihre Absichten?" sprudelte es fast schon ängstlich aus dem Fahrer raus. Sie kamen um uns zu warnen: Puerto Tejada sei der denkbar gefährlichste Ort und absolut nicht sicher. Banden, die raubend und mit schlechten Absichten durch die Stadt streifen, prägen das Bild dieses Ortes. Wir täten besser daran von hier zu verschwinden, und zwar schnell. In 9km sei die nächste Stadt und da sei es absolut sicher, versicherte der Polizist. Wir bedankten uns für die Warnung und setzten uns zum nicht-kubanisch, da üppigen Mittagsmahl. Das Pfefferspray stellten wir auf den Tisch, nach Kuba hatten wir es gar nicht erst mitgenommen. Anderes System, andere Sitten: Eins zu null für den Kubanismus!

Es ist erstaunlich, aber die Zeit in Kuba wird gerade zum Referenzpunkt erster Klasse. In Puncto Gafferei und Aufdringlichkeit der Menschen steht Kolumbien Kuba in Nichts nach. Die Menschen sind neugierig und sehr interessiert an uns, den Gefährten, auf denen wir uns bewegen und Blondie Ronja ist natürlich der Publikumsmagnet schlechthin. Manchmal wären wir echt froh, wenn sie dunkler, fetter und nicht so zuckersüß wäre! 
Wir können das Interesse an uns verstehen und verübeln es den Menschen nicht, wenn sie zu uns kommen. Es gibt allerdings Augenblicke, an denen wir das ganze Pack samt ihrer Handykameras vom Platz verbannen wollen würden.
Bei der Einfahrt in die Departementhauptstadt Tolimas, Ibagué, wurden wir fünf Mal am Straßenrand gestoppt. Es war bis dahin ein langer, harter Tag gewesen. Wir waren fertig und genervt vom Verkehr. Trotzdem hielten wir an, auch um uns von der Steigung in die Stadt zu erholen. Unter den Interessierten befand sich ein Kinderarzt, welcher sofort eine Straßenranduntersuchung bei Ronja durchführte. Bevor wir uns in die schützenden Wände der nächsten Feuerwache flüchten konnten, wurden wir noch für das kolumbianische Pendant der Bildzeitung interviewt.
Es gab in den letzten Tagen Mittagspausen, an denen wir nicht einmal beim Essen in Ruhe gelassen wurden. Wieder und wieder wurden wir angesprochen, wo her wir kämen, wohin wir reisen und wie lange wir schon unterwegs seien. Es hat sich als hilfreich erwiesen nicht die Wahrheit zu erzählen. Wenige Menschen, mit denen wir sprechen, können sich überhaupt vorstellen zum nächsten Dorf zu radeln oder die Heimaterde zu verlassen. In Buga, einer Stadt im Valle del Cauca, nahm es überhand mit dem Gefrage. Gregor war es zu viel und er sagte in aller Klarheit, dass wir vom Mond kämen und gerade auf dem Weg zum Mars seien. Die Reaktion des Gegenüber darauf war überraschend inadequat. Es ist allerdings meistens auch sehr nett mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Solange sie uns nicht beim Essen oder Entspannen stören sind auch wir interessiert an ihnen. Oft bekommen wir eine Kleinigkeit geschenkt oder werden mit einem guten Tipp für unsere Route versorgt. Letztendlich machen wir diese Reise auch um uns mit anderen Menschen auszutauschen und andere Lebensweisen kennenzulernen.

Die Berge dürfen nicht unerwähnt bleiben, wenn wir von Kolumbien schreiben. Für Radfahrer gibt es eigentlich nur 2 wirkliche Positionen zu ihnen. Entweder man hasst und meidet die Mühe des Bergradelns oder man genießt die Aussichten und hat einen Hang zum Sadismus. Wir sind nach Südamerika gekommen um uns zu schinden und in steilen Auffahrten die Berge hochzuwinden. Die Strapazen im Anstieg sind, verglichen mit dem was es zu sehen gibt, marginal. Steht man erst mal an der Passhöhe ist die Brust vor Stolz geschwollen und der Schmerz verschwunden. Bezwungen! Geschafft! Ein kleiner Messneraugenblick! Der Wunsch nach physischer Herausforderung und ein Brise Irrationalität sollte jedem Langzeitradler zu eigen sein.
Wenn selbst die LKW reihenweise an den Serpentinen liegen bleiben und man langsam aber stetig an ihnen vorbeigleitet, ist man dem Absoluten auf der Spur. Für unsere Andentaufe haben wir uns den Berg schlechthin ausgesucht. La Linea heißt der in der Rennradszene Kolumbiens wohlbekannte Berg. Er wird aufgrund seiner steilen Rampe mit dem Col du Galibier  (Berg der höchsten Kategorie der Tour de France) verglichen und darf in keiner Rundfahrt (Vuelta de Colombia) fehlen. 3 Tage brauchten wir von der Talsohle (400m) bis zum Pass (3300m). Die letzten 20 km ging es zwischen 7‰ und 10‰ nach oben. Der Streckenverlauf der Straße ist der Wahnsinn. Kurvenreich, vor- und zurückschwingend, schlängelt sich das Asphaltband den Hang hinauf. Lange bevor man den Gipfel erreicht kann man schon in der Ferne die LKW sich langsam den Berg hinaufschieben sehen. Irgendwann kommt ein Schild: 5km bis zum Pass. Die letzten Kilometer werden heruntergezählt, die Luft wird mit jeder Serpentine dünner und dünner, es ist nicht mehr weit bis zum Gipfel. Mit zittrigen Beinen stehen wir am höchsten Punkt, trinken Panela (Zuckerwasser), essen Queso Campesino (Bauernkäse) mit Arepa (Maistaler) und fühlen uns so richtig gut.`

In der "weißen Stadt" Popayan, der Name rührt daher, dass in der Altstadt alle Gebäude gekalkt sind, ruhen wir uns für den nächsten Bergabschnitt aus. In 5 Tagen ist Ronjas zweiter Geburtstag und wir haben keine Ahnung, wo wir ihn feiern werden. Das ist auch egal, denn es gibt in Kolumbien in jedem noch so kleinen Dorf erstklassige Bäckerei und ein Geburtstagskuchen ist alles ,was für Ronja zählt. Wir fahren weiter auf der Panamericana nach Süden. Bald sind wir am Äquator und im Lande selbigen Namens.


Hasta la pasta!
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Of mountains and flashes

Columbia is derived from Columbus and Columbus means exploring. Differntly to this Italian we knew which country we are travelling to, but we didn't had any clue how it will be. All right, Columbia is packed with surprises and one thing is evident: "Colombia como te quiero!"

A good indication for a travel full of adventure and new experiences is if we can't remember what happend on the morning once we are settled down to go to sleep; if the things that happend forenoon appears like last week. Then the days are full of remarkable encounters, breathtaking nature or just insurmountable obstacles. In the last 2 weeks we fell in this oblivion (travel Alzheimer's) quite often. But we try to prevent. Our routine at night is to write the main things of each day in a small diary, to keep track of all the things that happend. This little book is one of our best guarded treasures.

The best or most interesting events get selected for the blog. For example this occasion which still amuses us a lot, but it's more a sequence of gallaws humour. Pushed by the wind we flyed by some never ending fields of sugar cane in the valley of Cauca. The landscape and the field workes with their huge machetes reminded us of Cuba. The wind became stronger and we arrived quite early in a town we were planning to stay for the night. Puerto Tejada seemed like a typical cuban…columbian town. Entering Puerto Tejada a colombian joined us on his bike with a huge machete attached to his frame. He showed us the direction to a good and cheap restaurant. We didn't even step of the bikes as a police motorcycle stopped beside us. 2 young guys armed with a lot of protectors and guns. "What do you want here?", "Are you staying here?", "What are your plans?" They came to warn us. Puerto Tejada is supposed to be one of the most dangerous places and not safe at all. Gangs with bad purposes who rob are around. We would be better off if we would leave the town quickly. The next town is about 9km away and absolutly safe.
We thanked them for their warning and sat down for the "not cuban like" huge lunch plate. We put the bear guard (another treasure and kept souvenir since Alaska) on the table and ate.

Colombia and Cuba are pretty similar concerning the peoples' interest and inspections of us and the bycicles. Ronja "Rubia" is the public magnet par escellence. Sometimes we want her to be a little darker, fatter and not as cute.
Normally we don't mind the interest of the people but sometimes we wish they and their cameras would be gone for a moment.
Rolling into Ibagué we were stopped 5 times. Up to there we had a long and hard day. We were tired and annoyed by the traffic. Nevertheless we stopped, also to get a little rest of the incline. One of the interested party was a family doctor, who immediatley examinated Ronja. Before arriving at the protective station of the firefighters we got interviewed for a local paper of Ibagué.
There were lunchbrakes the last couple days, in which we were not able to eat relaxed. Again and again we are asked about our origin and our travelling route. Sometimes it is quite helpful not to tell the truth. Most of the people we talk to, can not even imagine to ride a bike to the next town or to leave their country. Once it was just too much so Gregor told a guy we were cycling from the moon and heading to mars. The reaction was surprisingly inadequate. But mostly we love to get in contect with the locals. As long as they don't disturb us eating or relaxing we are also interested in them. Often we get little presents or a helpful tip. Finally we are on this journey to share ideas with the people and to get to know their way of life.

Of course the mountains may not be unmentioned while writing about Colombia. For cyclists there are only two positions - either you hate them or you love the views and tend to be a masochist. We came to Southamerica to maltreat and to spiral us up the hills. Once we are on the top of a hill we are proud and the pain is gone. For our babtism of the Andes we chose a special hill. La linea is a famous mountain of the cycling scene in Colombia. Because of the ramp it is compared to the Col du Galibier (mountain of the highest category of the Tour the France) and can not be missed in any Colombian round trip (Vuelta de Colombia). It took us 3 days from the valley (400m) up to the pass (3300m). The last 20km had an incline between 7%-10%.  The road curled itself up the hill back and forth. Trucks moved up the hill very very slow and after some hours and some thin air the last 5km were counted down. With shivering legs we arrived on the top of La linea, drank some Panela (Sugarwater), ate Queso Campesino (famers cheese) with Arepa (corn bread) and felt realy good.

Right now we are resting in the "white town" Popayan before the next Mountains are coming. It is Ronja's birthday in 5 days and we don't have a clue where we will celebrate. But that is not very important, because there are first class bakery shops in every little town and for Ronja the birthday cake is the most important.
We are heading further south on the Panamericana coming closer and closer to the equator. 

Hasta la pasta!

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