Eine Fahrradreise mit Kindern? "Warum nicht?". Nachdem wir, Lea, Gregor und unsere Tochter Ronja aus Berlin, 2 Jahre lang vom einen Ende Amerikas bis zum anderen Ende radelten, folgt nun Teil 2 der Reise. Mit neuem Nachwuchs Mateo erkunden wir ab April 2016 den Süd-Westen Europas.
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A bicycle trip with a child? "Why not?". After we, Lea, Gregor and our daughter Ronja from Berlin cycled from one end of America to the other, the second big adventure is following. With our new family member Mateo we will explore the south west of Europa, starting in April.


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Dienstag, 17. Mai 2016

Serra im Regen

Es ist Sonntagnachmittag. Die Sonne scheint zum ersten Mal seit 10Tagen wieder.
Es hat endlich aufgehört zu regnen und unsere klammen Schlafsäcke hängen über einen Zaun der unseren Campingplatz vom Douro trennt. Jenem Fluss also, den wir nur noch wenige Kilometer folgen müssen, um zu unserem ersten Etappenziel zu gelanden, Porto. Unsere Stimmung ist, seit dem sie gestern den absoluten Nullpunkt erreicht hatte, wieder etwas besser. Wir haben zumindest wieder ein wenig Hoffnung, dass der Regen vorrüber ist und wir diese Reise unter angenehmeren Konditionen weiterführen können.

Nachdem wir Lissabon Anfang Mai verließen, um bald darauf wieder auf Susanna und Andreas zu stoßen, begann eine lange Zeit des Regnens und der für portugiesische Maßstäbe fast winterlichen Temperaturen. Es regnete 10 Tage, die meisten davon ununterbrochen. Selbst mit der größten Vorsicht, wurde nach und nach all unsere Kleidung klamm und nass. Wir, die wir hierher kamen um uns die Buckel zu bräunen, nur Sandalen dabei haben und Sommerschlafsäcke eingepackt haben, bewegten uns so ziemlich an der Grenze zu dem uns Möglichen. Zudem waren wir gerade drauf und dran im Hinterland ein paar der Serras Portugals abzuradeln und so erwischte uns das schlechte Wetter gerade am ärgsten, als wir den 1100m Pass der Serra Lousã nahmen. 
Im Sturzregen, vor Kälte bibbernd, erreichten wir - viel länger hätte die Abfahrt nicht sein dürfen - mit zerriebenen Bremsen die schützende Jugendherberge in Lousã.

Es hilft nichts über das Wetter zu schimpfen. Es kommt wie es kommt und bei Sonnenschein kann jeder Radeln. In Lousã zeigte sich, dass der Regen für mindestens eine Woche unser ständiger Begleiter bleiben sollte. Da ein Abwarten für uns nicht in Frage kam und auch ein Zugfahrt in trockenere Gefilde erst in Südfrankreich hätte enden können, beschlossen wir uns dem Regen zu stellen.

Unser Reisestil - Fahrrad, Zelt, Nebenstrecken, Kind, Säugling - birgt einiges an Dramatik, wenn es regnet. Wir sind den ganzen Tag unter freiem Himmel, ist das Zelt ersteinmal nass, bleibt es das bei Regen auch erst einmal, es ist nicht damit zu rechnen eine Pension zu finden. Ronja möchte sich bewegen, nicht den ganzen Tag im Anhänger hocken oder unter sonsteinem Unterschlupf verbringen und der kleine Mateo möchte herumkrabbeln und auf seinen kleinen Erkundungstouren gehen. Einen Regentag oder auch zwei lässt sich immer gut verkraften und ist auch manchmal eine wohltuende Abwechslung. 10 Tage am Stück führen unweigerlich zur Kollision der Gemüter.

Das wir dennoch erst am 10. Tag am Ende mit den Kräfte waren, haben wir der Hilfbereitschaft der Portugiesen zu verdanken. Lea und ich hatten nicht damit gerechnet, aber auch in Europa setzen sich die Menschen für uns ein und helfen unsere Art des Reisens zu ermöglichen. Nicht nur, dass wir wieder unter dem Schutze der Bomberos ruhen durften, half uns sehr, in jeder Begegnung schwang eine stattliche Portion Solidarität mit uns mit: die Bäckereien, die uns 3 Stunden erduldeten, während wir vor unserem mitgebrachtem Essen saßen und einen Alibikaffee tranken, das Seniorenheim, in dem wir mit den Angestellten zusammensaßen uns Mittag aßen oder der Bauer, der sofort erkannte, dass wir uns heillos verfahren hatten und einen Lift auf die richtige Straße brauchten.


Oder sehen wir nach einem Monat schon so hilfsbedürftig aus? Haben die Menschen Mitleid mit Ronja und Mateo? Erklären uns insgeheim für verrückt und helfen uns nur zum Wohle der Kinder?

Unsere noch frische Liebe zu diesem Land und seinen Menschen hält trotz Regen, so ist es mit den Frischverliebten. Den ersten Monat dieser Reise haben wir hier verbracht und  besonders die einsamen Strecken im wenig touristischen Hinterland haben es uns angetan. Leicht könnten wir hier noch einen Monat verbringen, mehr erkunden und auch gerne einmal eine Serra bei Sonnenschein abfahren. 

In Porto verabschieden wir uns von Susanna, Andreas und Felix. Für uns war es sehr beruhigend mit ihnen zusammen unterwegs zu sein und unser Konvoi aus 4 Rädern und 3 Anhängern sorgte jederorts für Aufsehen. Auf ein Neues! In Porto steigt unsere Freundin Carmen mit an Bord des Family Pedaleros Traumtreters - sie begleitet uns im Support Vehicel bis Spanien!


Viva el cicloturismo!

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It's Sunday afternoon. The sun shines for the first time since 10 days. It has finally stopped raining. Our mood is becomming better now, as it has been down to 0. 

After we left Lisbon early May to encounter on Susanna and Andrew again, a long period of rain began with almost wintery temperatures. It rained 10 days, most of them continuously. Even with the greatest caution, gradually all our clothes were clammy and wet. 
We cycled towards a couple of Serras of Portugal in the backlands and so the weather got even worse when we climbed up the 1100m high pass of the Serra Lousã. We cycled towards the youth hostel in Lousã to recover from the wet and cold. But after 3 nights we did not want to wait any longer and started again with cycling. The weather comes as it comes...

Anyone of you who has ever travelled by bike, camped out in the woods and maybe even took his childs on the trip knows about the pain of rain periods - it almost makes it impossable to continue travelling this way. We withstand the rain for 10 days with the great help of the Portugese. Fireman let us sleep in thei stations, bakeries let us stay during lunch time and people opened their houses for a short warm up. We made the same experience in the americas, but we didn´t expected to find this again in Europe. But why not?


We are still in love with portugal - also after experiencing this hell of a rainstorm. 

Dienstag, 26. April 2016

Auf dem Heimweg

Faro - Sagres - Odemira

For short english summary see below

Vor 12 Tagen haben wir Berlin verlassen, vor 12 Tagen ein letztes Mal Freunde am Flughafen in den Arm genommen und uns für bestimmte Zeit von unserer Familie verabschiedet.
Aber sind wir wirklich erst 12 Tage unterwegs? Ist es nicht doch schon länger? Es fühlt sich so an als wäre die Zeit gedehnt, als wäre uns der Wechsel in den Radreisemodus gelungen, wir sind back in real life. 

Und das ging so: fliegen, landen, Räder zusammenbauen, eine Nacht im Hotel schlafen, noch nicht kapieren dass es endlich losgegangen ist, am ersten Morgen die Räder beladen, im Regenschauer den Radweg aus Faro finden, auf eben jenem verloren gehen, schwitzen, fluchen, radebrechend auf Portuspanisch nach dem Weg fragen, am Straßenrand Mateo stillen, einen ruhigen Schlafplatz an der Steilküste finden, Spaghetti mit Bärlauchpesto im Abendsonnenschein genießen, das Jetzt- geht´s-wirklich-los-Gefühl mit in den Schlafsack nehmen und davon völlig benommen einschlafen.

Das schöne am Radreisen ist, dass man selbst bei einem zweitägigen Kurztrip, den unnötigen Ballast des Alltags schnell abwerfen kann. Man ist mehr mit sich selbst beschäfitgt, mit substanzielleren Dingen, als mit dem was einem sonst so wichtig scheint. Zum Beispiel einen angenehemen Weg durch die dicht besiedelte portugiesische Region Algarve zu finden. Uns beschäftigte diese Suche rund eine Woche. Sehr selten konnten wir sehenswerte Routen fahren, an authentischen Orten rasten oder einen ruhigen Schlafplatz finden. Die Algarve ist schön - schön für Sonnenbader, schön für Rundumsorglos-Erdenbürger, schön für Dauercamper und schön für Golfer. Streckenweise gilt dies auch für Tourenradler, immerhin gibt es ja den Ciclovia-Litoral, einen nicht sehr gut ausgeschilderten Radweg für eher leicht bepackte Reiseräder. Aus unserer Perspektive richtig interessant wurde es erst kurz vor Sagres, es wurde wilder und weniger touristisch.

 Sechs Kilometer hinter Sagres liegt das Cabo São Vicente, der Wendepunkt dieser Reise. Nach der Besichtigung des einsam auf dem letzten Zipfel Portugals stehenden Leuchtturmpostens, schwangen wir uns auf die Drahtesel und machten uns auf den langen Weg nach Hause. 
Mit jeder Umdrehung unserer Kettenblätter kommen wir nun Berlin ein Stück näher. Es ist nicht so, dass wir uns danach sehnen würden bald wieder dort zu sein, aber mit einem konkreten Ziel auf eine Fahrt zu gehen, ist sehr hilfreich für uns und lässt uns nie die Orientierung verlieren. Immerhin gibt es entlang der Strecke viel zu sehen und schon bei der Wahl der Strecke haben wir die Qual der Wahl.

Beim Nordschwenk hinter dem Cabo ereilte uns das Gefühl nun endlich mit der Tour beginnen zu können. Wir zelteten mit unseren pedalierenden Freunden Susanna, Andreas und ihrem Sohn Felix in einem Pinienwald, genossen den Sonnenuntergang über dem Panorama des Passes und schmiedeten gemeinsame Pläne für die vor uns liegenden Kilometer.

Das schöne an einem frisch geschmiedeten Plan ist, dass man vorher schon weiß, wie es nachher garantiert nicht passieren wird. Mateo bekam am nächsten morgen abrupt hohes Fieber, wir trennten uns von ihnen und begaben uns in die Obhut eines Campingplatzes in Aljezur. Als Mateos Fieber auch am dritten Tag nicht die 40 Grad Marke unterschreiten wollte, fuhr Lea mit dem Taxi nach Lagos ins Krankenhaus. Vielleicht hat ihm das gerade gefehlt, um wieder gesund zu werden. Als sie nach halbstündiger Fahrt dort ankamen, war seine Körpertemperatur wieder normal. Unsere Sorgen waren vorrüber und unsere juckenden Fersen konnten sich wieder in Bewegung setzen.

Wir radelten weiter die Westküste entlang nach Norden. Alles ist hier gerade Blüte, Duft und Farbe. Der Frühling legt sich protzig auf die sonst trocken karge Landschaft des Alentejo.
Die Morgenstunden auf dem Rad sind jetzt die schönsten, dann wenn die bunten Wiesen am leuchtendsten sind, der Morgentau die Düfte der Blumen löst und sie hinter jeder Kurve aufs Neue um uns wallen. Das Radfahren wird so zum paradiesischem Hochgenuss und manchmal gehen die Kilometer viel zu schnell vorbei.Bei Tanja und Michael, unseren Warmshower-Gastgebern, können wir diese Genüsse heute durchweg genießen. Sie haben sich für die Gründung ihrer Familie aus Deutschland zurückgezogen und leben nun mit ihren beiden Kindern Moritz und Tabea in den Bergen des Alentejo ein naturnahes Leben in einem zur Zeit blühenden Garten voller frischem Gemüse. Eden.

English summary

Algarve Cost and Alentejo Region

We're back on the road again. Two years we paused from the lifestyle we deeply falled in love with in the Americas. Biketouring became a passion and is an important piece of our family life. This trip is a bit shorter than the first one. I, Gregor, took 6 month paternal leave from work. Yes, the Family Pedaleros have grown, our son Mateo was born last year. Now he is old enough for bike touring. The idea of this trip is to ride back home. We started in Faro/Portugal and sticked almost the whole time close to the coast. The Algarve is pretty busy with european tourist. This made bike touring the way we like it, really painful. Is has been a daily challenge to find a save spot for wild camping and the most prettiest spots are conquered by hotels, golf courses are fancy millionaires' houses. We were really lucky to leave this region behind us as we arrived in Sagres and turned north at the furthest south-west point of Portugal at the Cabo São Vicente. 


After that, touring finally became a real pleasure. The spring is at its full tide - everything is in bloom and the odor is just increadible. The roads are quite and the great number of secundary roads is a nice everyday challenge. The towns along the road become more and more authentic as we ride north. Old man sitting in front of their houses, leaned to a wooden stick, chatting with the neighboors. Cork oaks decorate the landscape and make it look really pretty.  After 12 days of riding  we feel that we are back - our shape is good and the spirit is right. Back on the road, for us it means to be back in real life.