Eine Fahrradreise mit Kindern? "Warum nicht?". Nachdem wir, Lea, Gregor und unsere Tochter Ronja aus Berlin, 2 Jahre lang vom einen Ende Amerikas bis zum anderen Ende radelten, folgt nun Teil 2 der Reise. Mit neuem Nachwuchs Mateo erkunden wir ab April 2016 den Süd-Westen Europas.
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A bicycle trip with a child? "Why not?". After we, Lea, Gregor and our daughter Ronja from Berlin cycled from one end of America to the other, the second big adventure is following. With our new family member Mateo we will explore the south west of Europa, starting in April.


Donnerstag, 17. März 2016

El Calafate Argentina

Wir sind im Reich der starken Winde angekommen. Gestern haben wir das schützende Bergdorf El Chaltén verlassen und uns vom Rückenwind in die argentinische Pampa treiben lassen. Das war ein einzigartiges Erlebnis. Die Kilometer vergingen wir im Fluge und ohne große Mühe konnten wir in 3 Stunden 90km radeln. Erst am Abzweig mit der Ruta 40, untrügliches Zeichen, dass wir nun wirklich wieder in der Pampa angekommen waren, mussten wir den viento de cola (Rückenwind) zurücklassen. Wir änderten unsere Richtung und nun hatten wir den Wind von vorne. Wir hatten die Information bekommen, dass es nach 104km eine Ruine gäbe, in der wir Schutz vor dem brutalen Wind finden könnten. Bei Kilometer 104 gab es nichts weiter als ein paar wilde Verwandte des Llamas (Guanaco), von dem Haus war nichts zu sehen. Wir hatten kein Wasser und weit und breit gab es keinen Ort mit Windschatten für unser Zelt. Es war 19:30 Uhr und Ronja saß seit fast 5 Stunden im Anhänger. In dieser ausweglosen Situation gab es nur eines: den Daumen in den Wind zu strecken! Um 20:00 Uhr brausten wir an der gesuchten Ruine vorbei und 90 Minuten später betraten wir das Gästezimmer unseres Schutzengels dieses Tages: Erich! 

Auch sonst waren die letzten Tage auf der Carretera Austral und der Grenzübertritt nach Argentinien sehr ereignisreich. Die Carretera wurde mit jedem Tag wilder und verlassener. Immer wieder ließen wir die Räder einfach nur seicht über den Schotter rollen, um unsere gesamte Aufmerksamkeit für diese wundersame Natur bereithalten zu können. Auf allen Gipfeln tummelten sich nun die Gletscher und die Mächtigsten unter ihnen schoben sich bis dicht an den Talesrand herunter um uns ihre Aufwartung zu machen. Das Wetter wurde mit einem Schlag unberechenbar. In dem Gebiet um Tortel, also genau in der Mitte zwischen den Campo Hielo Norte und dem größten Eisfeld nach der Antarktis und Grönland, dem Campo Hielo Sur, waren wir zum ersten Mal seit Alaska wieder der Kälte und dem Regen ausgesetzt. Aber anders als damals wussten wir von einigen Refugios (Schutzhütten), welche entlang der Strecke dem Radfahrervolk ein Dach und einen Holzofen bieten. Per Mundpropaganda sprechen sich diese Plätze schnell herum und anders als man es im Falle von verlassenen Häusern erwarten möchte, sind sie sauber und es liegt kein Müll herum. Die letzten 300km auf der Carretera reisten wir mit einem jungen Chilenen, Matias. Er hatte Angst, dass seine erste Fahrradreise allzubald enden würde - mit uns fand er die richtigen Reisepartner, um sich in Nostalgie zu schwelgen und seine Tour zu entschleunigen. Schließlich erreichten wir eines späten Nachmittags Villa O'Higgins, das Ende der Straße.

Für Matias war die Reise hier zu Ende. Für uns ging es weiter nach Süden. Mit einem Ausflugsdampfer kreuzten wir den Lago O'Higgins, besichtigten auf dem Weg den gleichnamigen Gletscher und hatten um ein weiteres Mal das Gefühl am Ende der Welt zu sein. Solch eine verlassene und nur sehr schwer zu erreichene Gegend hatten wir noch nie gesehen. Die wenigen Menschen, die in den nur mit einem Boot zu erreichenden Seitenarmen des Lago O'Higgins, leben isoliert und weit entfernt vom nächsten Strommast, Telefonkabel, Briefkasten - die Glücklichen! Zusammen mit 6 weiteren Radfahrer stiegen wir in dem kleinen chilenischen Grenzposten Candelaria Mansilla aus. Unter Radfahrern ist dieser Fünfeinwohnerort bestens bekannt. Für diejenigen, die von O'Higgins auf direktem Wege nach El Chaltén wollen, bietet sich hier der wohl anstrengenste, aber mit einer tollen Sicht auf das Massiv des Cerro Fitz Roy entlohnenden, Grenzübertritt. Von Norden kommend, geht es auf einer steilen Schotterstraße steil auf 600m, schieben ist angesagt. Danach geht es mehr oder weniger eben weiter bis zu dem "Bienvenido en Argentina" Schild. Dort endet der fahrbare Teil und es beginnt ein 6km langer Wanderweg zum Lago del Desierto. An vielen Stellen muss das Fahrrad durch Bäche oder einen steilen Hang herunter getragen werden. Meistens reicht es aber aus, kräftig anzupacken und das Rad zu schieben. Über die Jahre hat sich dadurch ein ortliebtaschenbreiter Hohlweg in den Berg gegraben - wohl ein Unikum weltweit. Leider sind in den letzten Jahren nicht ausreichend Chariot Kinderanhänger auf der Strecke unterwegs gewesen. Der Chariot muss getragen werden! Oder man hat das Glück auf so freudespendende Radfahrer wie Lissi und Heinz (das Paar in besten Jahren, s.d. letzter Blog) zu treffen, die es nicht mit ansehen wollten, wie wir uns den Wanderweg mit 2 beladenen Rädern, dem Anhänger und der zu diesem Zeitpunkt noch wanderfaulen Ronja bewältigen würden. Sie gaben uns etwas Geld, damit wir uns in Candelaria Mansilla von dem Gaucho Ricardo ein Pferd für den Transport mieten konnten. Wie die ganze Pferdepackerei abgelaufen ist, wir nur mündlich weitergegeben werden können. Denn mit unserem Schiff kam auch eine Kiste Wein für eben jenen Ricardo an, die unheilvolles Chaos in die gesamte Aktion brachte. Das Ende der Geschichte war, dass Lea und Ich dem besoffenen Gaucho erklären mussten wir er seine Pferde zu beladen hat. Zum Glück sind wir schon lange genug in Latainamerika als das uns so etwas stressen könnte, nein eigentlich sollten wir Ricardo dankbar sein. Ohne die stundenlange Verzögerung hätten wir wohl nicht so eine schöne Sicht auf den Fitz Roy, von der Abendsonne beschienen, haben können. Also schaukelten wir in einem anderen Ausflugsdampfer über den Lago del Desierto und erreichten den Parque Nacional Los Glaciares.

In El Chaltén, nach 550 Kilometern auf unasphaltierten Straßen und 20 Tagen, erreichten wir endlich wieder feste Straßen! El Chaltèn, welches 1985 ganz allein wegen der Berühmtheit der beiden Berggipfel Fitz Roy und Cerro Torre gegründet wurde, wimmelt es von Kletterern, Wanderern und Radfahrern. Wir konnten uns eine Kindertransportkraxe ausborgen und einen Wanderausflug von 7 Stunden zur Laguna del Torre machen. Ronja war total entzückt und will seitdem nur noch eines: wandern gehen!


Inzwischen sind wir nicht mehr bei Erich und seiner Freundin Julietta. Wir sind umgezogen auf den Campingplatz, näher zum Spielplatz und zum Supermarkt. Wir haben den Ausflug zum Perito Moreno Gletscher, trotz der teuren Anfahrt, bereits gemacht. Es war ein Schauspiel ohne Gleichen. Die 4km breite Gletscherfront schiebt sich bis zur anderen Talseite vor und ermöglicht so einen nahen Blick auf das Eis. Den minütlichen Abbrüchen, denen ein markerzitterendes Krachen vorausgeht, kann auf in den Berg gebauten Stegen mit Aussichtsplattformen entgegengefiebert werden. Wir waren ganz gefesselt von diesem mächtigen Naturschauspiel. Sprachlos standen wir vor diesem Eis, das bis zum Horizont reicht, breiter und breiter wird und schließlich ganze Berge unter sich begräbt. Der Perito Moreno Gletscher ist ein Sonderfall unter den Gletschern. Er ist wohl einer der letzten Gletscher weltweit der noch wächst. Doch er trotzt nicht einfach nur dem Klimawandel. Nein, durch ihn fließt er nur schneller! In diesem Sinne fahrt mehr Rad, damit die Zugspitz' bald noch einen Gletscher hat!
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We arrived in the kingdom of heavy winds. Yesterday we left the protective mountain village of El Chaltén and let us push by a comfortable tail wind into the argentine pampa. That was an unique experience. The miles passed by very quickly and without any effort we were able to cycle about 90km in 3 hours. Only at the junction with Route 40, unmistakable sign that we were now truly back in the pampa, we left the "viento de cola" (tail wind) behind. We changed our direction and now we were facing the wind. Some other bikepackers gave us the information that there will be a ruin after 104km, where we could find shelter from the brutal wind. At kilometer 104 there was nothing more than a few wild relatives of the Llamas (Guanaco). We had no water and there was nothing but the flat pampa and the strongest wind one can imagine. Pich up the tent would have mean to ruin it! It was 7:30 p.m. and Ronja sat in the trailer for almost five hours. In this hopeless situation there was only one thing to do: to stretch the thumb in the wind and hitchhilke! At 8 p.m. we passed the ruin at kilometer 114 and 90 minutes later we entered the guest room of our guardian angel that day: Erich!

But even the last days on the Carretera Austral and the border crossing into Argentina have been very eventful. The Carretera grew wilder with each passing day and got more abandoned. Again we let the wheels roll over the shallow gravel, willing to hold our attention for this wondrous nature. All the peaks were packed with glaciers and the most powerful among them push themselves down close to the edge of the valley. The weather was unpredictable. In the area around Tortel, exactly in the middle between the Campo Hielo Norte and the largest field of ice after Antarctica and Greenland, the Campo Hielo Sur, we were exposed to cold and rain for the first time since Alaska. But unlike then, we knew of some Refugios (Shelters), which offer the cyclists a roof and a wood burning stove along the way. Contrary to what one would expect in the case of abandoned houses, they are clean and there is no garbage around. The last 300km on the Carretera we traveled with a young Chilean, Matias. He was afraid that his first bicycle journey would end too soon - with us he found the right travel partner to indulge in nostalgia and to decelerate his tour. Finally we reached Villa O'Higgins one afternoon, the end of the road.

For Matias the trip ended here. Although there is no road we headed south. With an excursion boat we crossed the Lago O'Higgins, visited the O'Higgins Glacier on the way and had once more the feeling to be at the end of the world. We had never seen such an area before- abandoned and very difficult to access. The few people who live isolated, in only with a boat-to-reach side arm of Lake O'Higgins, are far away from the nearest power pole, telephone cable or mailbox - lucky ones! Together with 6 other cyclists we got out in the small chilean border post Candelaria Mansilla. In the bikepacking community this five-people-settlement is well known. Here starts or ends (depending if you are coming from north or south) the most beautiful but also very exhausting boarder crossing ever! From the north you have to climb a steep gravel road to 600m, pushing is required. Then it levels until the "Bienvenido en Argentina" sign. There ends the rideable part and a 6km long trail to Lago del Desierto begins. In many sections the bicycle must be carried through streams or steep slopes. But usually it is possible to push it real hard! Over the years the path has become a Ortlieb friendly bike path- just wide enough for the panniers - probably a rarity worldwide. Unfortunately Chariot trailers haven't been so much on this route in recent years. The Chariot must be carried! Or you are lucky enough to meet such joy-giving cyclists as Lissi and Heinz (the couple in their best years, see the last blog), who did not want us carrying all our equipment and the trailer for 6km. They gave us some money so we could rent a horse from the Gaucho Ricardo in Candelaria Mansilla. How all this horse packing went by, can only araly be told. Because together with us there was also a case of red wine, declared for just this Ricardo, arriving with the boat. It brought ominous chaos in the entire action. The end of the story was, that Lea and I had to explain the drunk how to load his horses. Fortunately we are already long enough in latin america as this can't stress us a bit. No, actually we should be grateful to Ricardo. Without the hours-long delay we wouldn't have seen the beautiful Fitz Roy, shone in the evening sun. So we swung in another excursion steamer on the Lago del Desierto and reached the Parque Nacional Los Glaciares.

In El Chalten, after 550 kilometers on dirt roads and 20 days, we finally reached paved roads! El Chalten, which was founded in 1985 alone due to the fame of the two peaks of Fitz Roy and Cerro Torre, packed with climbers, walkers and cyclists. We were able to borrow a backpack to carry Ronja and made a hiking trip of 7 hours to Laguna del Torre. Ronja was totally delighted and would likte to go for a hike every day!

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